Shiatsu (jap. 指圧 ‚Fingerdruck‘) ist eine in Japan entwickelte Form der manuellen Therapie, deren historische Wurzeln in der chinesischen Massage Tuina und den frühmodernen japanischen Formen des Anma liegen. Unter dem Druck der Einführung und Konsolidierung des westlichen Gesundheitswesens wurden Anfang des 20. Jahrhunderts verschiedene Formen manueller Behandlungsmethoden unter dem Namen Shiatsu kombiniert, um den Status einer eigenständigen Therapieform und damit einen Platz im neuen Gesundheitswesen zu erlangen.[2]
Die Definition in der 1957 vom Büro für medizinische Angelegenheiten des japanischen Gesundheitsministeriums publizierten Schrift Shiatsu no riron to jitsugi ‚Theorie und Praxis des Shiatsu‘, ist nüchtern. Ihrzufolge handelt es sich bei der Shiatsu-Methode (Shiatsu-hō) um eine „Maßnahme, bei der man mit dem Finger und Handballen Druck auf bestimmte Stellen der Körperoberfläche ausübt, um Unregelmäßigkeiten des Organismus zu korrigieren, die Gesundheit zu wahren oder fördern bzw. zur Heilung spezifischer Krankheiten beizutragen“.[3]
Wörtlich bedeutet Shiatsu „Fingerdruck“, doch arbeiten die Therapeuten gewöhnlich weniger mit Muskelkraft in Fingern und Armen als mit ihrem Körpergewicht. Nach Auffassung repräsentativer späterer Vertreter dieser Therapie sucht der Therapeut während der Behandlung eine „energetische Beziehung“ (Energie hier im Sinne von Qi) zum Patienten herzustellen. Dieser wiederum trage zum Erfolg seiner Behandlung durch Achtsamkeit, Sensibilität und Offenheit bei.
Da es in der Frühphase des Shiatsu in Japan darum ging, einen Platz im neuen, westlich orientierten Gesundheitswesen zu sichern, spielen Vorstellungen der traditionellen Medizin zunächst keine Rolle. Die von Tokujiro Namikoshi entwickelte Form ist unter Nutzung westlicher Konzepte am gesamten Körper orientiert. Auch Tempeki Tamai baut seine Therapien auf westlicher Physiologie und Anatomie auf. Wir finden bei beiden weder das Meridiansystem (Leitbahnsystem) noch das Konzept der „Fünf Wandlungsphasen“ (Fünf-Elemente-Lehre) oder Hinweise auf Ki (chin. Qi).
Erst in der zweiten Generation beobachtet man einen Rückgriff auf Vorstellungen der traditionellen japanischen Medizin. Der Vorreiter dieser, heute unter dem Oberbegriff Keiraku Shiatsu (Meridian-Shiatsu) zusammengefassten Konzepte war Tadashi Izawa (1895–1990) mit seiner 1964 publizierten „Illustrierten Erläuterung der Meridiane, Punkte und Shiatsu-Behandlungsmethode“ (Zukai ni yoru keiraku, keiketsu to Shiatsuryōhō). In dieser Schrift nimmt er auch einen historischen Brückenschlag zu Ōta Shinsais „Illustrierte Erläuterung der Abdominalmassage“ (1827) vor.[7] Mit der Weiterentwicklung durch Shizuto Masunaga erlebte dieses, mit der medizinischen Tradition Japans verschmolzene Shiatsu einen weiteren Durchbruch in eine neue Richtung. Heute dominiert in Japan die von Namikoshi initiierte, physiologisch-anatomisch begründete Form – nicht zuletzt auch, weil Namikoshis Ausbildungsgang durch das Gesundheitsministerium anerkannt wurde. Außerhalb Japans konkurriert das meridianbezogene, von Shizuto Masunaga begründete Zen-Shiatsu mit einer Reihe weiterer derivativer Neuentwicklungen.
Shiatsu gehört zu jenen Therapieformen, bei denen das, was man in Japan shindan soku chiryō (診断即治療, etwa soviel wie „Diagnose und Soforttherapie“) nennt, möglich ist. Beim Berühren, Abtasten des Körpers werden Verhärtungen, Verspannungen, „Aufstauungen des Ki“, Ungleichgewichte u. a. m. deutlich, auf die der Therapeut unverzüglich einwirken kann.
Shiatsu wird auch im Wellnessbereich und zur Gesundheitspflege angewandt und in Kursen an Fachschulen und Privatinstituten vermittelt. Viele Vertreter neuerer Shiatsu-Richtungen leben außerhalb Japans. Die konzeptionelle und praktische Weiterentwicklung erfolgt zumindest zur Zeit vorwiegend in westlichen Ländern.
(Quelle: Wikipedia)